Nach der Pflicht kam nun die Kür: Rumfahren im Seengebiet

Nachdem die Strecke gen Süden absolviert war, mein Körper durch Wind und Kälte gejagt wurde und das Velo intensiven Schütteltests auf unbefestigten Wegen unterzogen wurde, begann die Gemütlichkeit. Von Puerto Natales nahm ich, wie im letzten Artikel bereits erwähnt, die Fähre zurück nach Puerto Montt. Das hieß: 5 Tage aufm Boot, Vollverpflegung und keinen Stress. Auf dem Kahn fand ich auch schnell Anschluss an eine Gruppe französischer Reisender und wir hatten einen Mordsspaß. 

Auf den Spuren Magellans

Leider war die Sicht nicht so gut wegen des Regens und des Nebels. Die Fahrt war trotzdem genial. Es gab unglaublich viele Tiere zu sehen: Wale, Killerwale, Pinguinscharen, Seehunde, Albatrosse, nicht schwimmende Dampfschiffenten (!!! ja, die gibt es) usw. Unglaublich schön, ein lebendes Meer zu sehen. Wer weiß, wie lange...

Puerto Montt und endlich wieder Wärme

Angekommen in Puerto Montt, radelte ich mit Patrick aus Montpellier bis zum Fischmarkt, also 8km oder so, ne Riesentagestour. Dort liessen wir uns nieder und genossen die Wärme (ca. 18 Grad war Hitze für uns), die Windstille und die Ruhe. Es gab Seelöwen zu sehen sowie Hunde, die sämtliche Tauben anbissen bis sie fast tot waren (die letzten Minuten der verletzten Tauben wurden dann von Touris gefilmt). Desweiteren waren allein die Muscheln, die angeboten wurden, einen Aufenthalt wert: faustgroß und größer. Wahnsinn. 

Seltsame Begrüßungsformen

Beim Kaffeekauf wurde ich stilgerecht mit "Heil Hitler" begrüßt, nachdem ich erwähnte, aus Schland zu sein. Also bedarf es einer Aufklärung der Kollegen: "Petry Heil" heißt das nämlich bald, wenn es in Kaltland so weitergeht. Nachtrag 2021: Nun ist es leider so weit, die AFDler sitzen im Bundestag ....

Hedonismus

Am Abend ging ich mit Patrick noch essen, und wir fanden ein sehr preiswertes Restaurant mit wahrlicher Haute Cuisine. Lecker, wir waren beeindruckt.


Dann ging es weiter. Am Samstag entschied ich mich, im chilenischen/argentinischen Seengebiet rumzufahren. Meinen Plan, an der Küste entlang zu fahren habe ich verworfen, da ich es unfair finde, Urlaub in einer Gegend zu machen, wo Menschen ihr sämtliches Hab und Gut verloren und sogar starben.

Deutsche Leidkultur in Südamerika

Also ging es vorbei an Neu Braunau (jetzt verstand ich den Hitlergruß vom Fischmarkt) nach Puerto Varas, einer von deutschen Wirtschaftsflüchtlingen gegründeten Stadt (so 1860/70 rum). Ich traute meinen Augen und Ohren nicht: ein deutsches Kuchenfest! Begleitet wurde das ganze mit deutscher, volkstümlicher Musik (Herzilein der Wildecker Herzbuben und der ganze Schrott der im deutschen Radio gespielt wird). Dicke Backe Musik, 3 und 4/4 Takt Langeweile mit Texten, die sich nur um Saufen, Sex und Heimat drehen. Wenn das die deutsche Kultur ist, die CDU/CSU und AfD zu retten zu meinen glauben, dann hoffe ich, dass sie verreckt, sofort! Der Trend in Schland sieht leider anders aus.


Ich bin dann an den Strand, wo es ehrlichen chilenischen Punkrock gab. Auch 4/4 Takt aber eben besser. Die Texte verstand ich nicht, ging aber bestimmt um die gleichen Themen außer Heimat. Und bestimmt nicht kitschig.

Noch mal schön rumfahrn

Die Folgetage bewegte ich mich gemütlich weiter: 30-40km pro Tag, hier n Käffchen, dort ein Eis und dann und wann rein in den See. 25-30 Grad und Sonne, Volksfeste, deutsche Bierfeste usw. begleiteten mich täglich. Dann ging es kurz von 0 auf 1300m über so einen Pass und Zack war ich in Argentinien: Ruta del los 7 Lagos! Also Route der 7 Seen.


Keine Ahnung, wer sich das aus dachte, aber es waren mehr Seen. Im Prinzip fühlte ich mich wie in der Mecklenburger Seenplatte, nur eben mit Bergen und ohne Mecklenburger (was ich prinzipiell nicht so schlecht finde).

Mittlerweile bin ich wieder in Chile, in Villarica. Da der Autoverkehr massiv, die Landschaft unspektakulär und meine Zeit abgelaufen ist, fahre ich morgen mit dem Bus nach Santiago. Dort entscheide ich dann, ob ich den Bierbauch nochmal in die Sonne haue, und zwar in Valparaiso, oder son Kulturding mache, Museen und so...


Update: Ich entschied mich, doch nach Temuco zu radeln. Von dort gings ab in den Bus nach Valparaiso, wo ich nun bei 30 Grad im Schatten schmore.

Das fuhr ich glaube ich